Keine Selbstmedikation bei Lampenfieber!

Viele Betroffene, die häufig Bewertungssituationen ausgesetzt sind, haben durch ihr Lampenfieber einen derart hohen Leistungsdruck, dass sie der Intensität der Symptome nicht mehr standhalten können. Ein Beispiel sind Berufsmusiker. „Therapie? Brauch ich nicht. Hilft nicht. Dauert mir zu lange.“ Eine Lösung ist schnell gefunden: Eine Pille, einen Zaubertrank und schon sind die Symptome verschwunden.

 

Wer mit dem Gedanken spielt sein Lampenfieber mit Selbstmedikation zu bekämpfen, übergeht dabei nicht nur Nebenwirkungen und eventuell körperliche Schädigungen, sondern auch psychische Folgen.

Betablocker

Betablocker sind Medikamente zur Senkung des Blutdrucks und der Herzrate. Sie hemmen die Wirkung des Stresshormons Adrenalin und des Botenstoffs Noradrenalin. Das führt zur Senkung der Schlagfolge des Herzens, dadurch wiederum benötigt der Herzmuskel weniger Sauerstoff und wird entlastet. Demnach hemmen Betablocker die körperlichen Symptome bei Lampenfieber, weshalb Betroffene sich auch ruhiger und somit sicherer fühlen.

 

Je nach Medikament können Betablocker Müdigkeit, depressive Verstimmung, Potenzprobleme bei Männern und Durchblutungsstörungen der Extremitäten verschlimmern. Alkohol in Verbindung mit Betablockern kann sowohl die Wirkung als auch die Nebenwirkungen des Medikamentes verstärken, weshalb hier besondere Vorsicht geboten ist. Weiterhin kritisch ist, dass die Reaktionsschnelligkeit und Wahrnehmungsfähigkeit eingeschränkt ist, was Sportlern und Musikern besonders zum Verhängnis wird.

 

Betablocker machen in Verbindung mit Lampenfieber mental abhängig. Wer bei Lampenfieber zu Betablockern greift „füttert“ seine Angst und macht sie damit noch mächtiger. Daraus kann schnell ein Teufelskreis entstehen.

Tranquilizer

Tranquilizer sind bei Lampenfieber leider ebenfalls sehr beliebt. Sie gehören zur Gruppe der Psychopharmaka. Sie wirken stimmungsaufhellend, angstlösend, beruhigend und schlaffördernd. Betroffene fühlen sich vom Alltagsstress abgeschirmt. Nebenwirkungen können sein: Gangstörungen,

Koordinationsstörungen, Halluzinationen, Artikulationsstörungen, Müdigkeit und Schwindel, Depressionen (bei Dauermedikation), Mundtrockenheit und eingeschränktes Reaktionsvermögen. 

 

Sie sind weitaus gefährlicher, da bei diesen Medikamenten die Gefahr der körperlichen Abhängigkeit (Suchtpotential) sehr hoch ist. Daher werden sie auch nicht mehr leichtfertig verschrieben, wenngleich der Rezeptblock bei dem einen oder der anderen noch recht locker sitzt.

 

Das Abhängigkeitspotential in Verbindung mit Lampenfieber ist mit Tranquilizern umso höher, denn hier wird nicht nur die Angst „gefüttert“, sondern das Medikament kann auch körperlich abhängig machen.

Alkohol

Leidensdruck, Angst und Alkohol gehen häufig Hand in Hand. Alkohol wirkt stark angstlösend, enthemmend und dämpfend. Daher ist er die bevorzugte Droge vieler Menschen, die mit Stress und Ängsten zu tun haben. Er kostet nicht viel, ist leichter zu besorgen als verschreibungspflichtige Medikamente und kann kurzfristig Erleichterung verschaffen. 

 

Langfristig verstärkt der Alkohol allerdings das bestehende Problem und im schlimmsten Fall wird aus Lampenfieber eine Angststörung. Denn wer regelmäßig bei Ängsten zu Alkohol greift, greift auch in das Gleichgewicht der Botenstoffe GABA und Glutamat im Gehirn ein. Auf die Ruhe durch den Alkohol folgen dann Übererregtheit und Ängstlichkeit. Man spricht von einem „Rebound-Effekt“. Auf die erhöhte Unruhe, Ängstlichkeit oder Schlaflosigkeit folgt wieder Alkohol usw.

Da haben wir ihn wieder: den Teufelskreis. Im Extremfall lässt sich so ein Teufelskreis nur noch durch eine professionelle Behandlung unterbrechen, denn neben der mentalen Abhängigkeit führt Alkohol vor allem zur körperlichen Abhängigkeit.

 

Die Liste möglicher körperlicher Schädigungen durch Alkohol ist lang: Nervenschädigungen, Schädigungen des Kleinhirns und Verschlechterung der Gehirnfunktion, Erkrankungen der Mundhöhle, der Speiseröhre, des oberen und unteren Magen-Darm-Traktes, Erkrankungen der Leber, Chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Sexuelle Dysfunktion. 

Pflanzliche und homöopathische Präparate

Pflanzliche und homöopathische Mittel sind mitunter die unbedenklichsten. Von Bachblüten, über Rescue Tropfen und CBD-Öl bis hin zu den Globuli. Diese Mittel gehören zu den sanftesten und verträglichsten Möglichkeiten der Selbstmedikation. Viele der Präparate werden schon über sehr lange Zeit erfolgreich bei Erregungszuständen eingesetzt.

 

Es bleibt dennoch ein Nachteil: auch damit fütterst Du dein Lampenfieber psychisch, wenn auch bei weitem nicht so extrem, wie mit anderen Medikamenten oder Alkohol. 

Fazit

Mit einer Selbstmedikation tust Du Dir auf vielen Ebenen keinen Gefallen. Selbst mit unbedenklichen Präparaten suggerierst Du Deiner Psyche, dass Du (eventuell dauerhaft) „auf Pillen“ angewiesen bist, um mit dem Lampenfieber klarzukommen. Aus einem positiv erlebten Moment kann schnell ein ungünstiges Verhaltensmuster entstehen.

 

Wer stark unter seinem Lampenfieber leidet, dem ist mit einem Profi an seiner Seite am besten geholfen. Wem das zu kostenintensiv ist, der hat auch hier kostengünstige bzw. kostenlose Alternativen. Selbsthilfegruppen, Austauschgruppen in sozialen Netzwerken. Auch stressreduzierende Maßnahmen können langfristig zu einer signifikanten Entlastung führen. Dazu zählen insbesondere Yoga und Meditation, deren stressreduzierende Wirkung wissenschaftlich nachweisbar sind und im Selbststudium oder mit wenig Kostenaufwand erlernt werden können.